Grundlagen Spektrumanalysator: praktische Tipps für den Messtechniker
Neben dem Oszilloskop ist der Spektrumanalysator ein wichtiges Werkzeug für den Elektronikentwickler. Unser Beitrag zeigt Grundsätzliches bei der Arbeit mit solch einem Messgerät.
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Betrachtet man einen Spektrumanalysator, so sehen die Messgeräte auf den ersten Blick wie Oszilloskope aus. Sie enthalten an der Frontseite ein meist größeres Display und zahlreiche Bedienelemente. Allerdings besitzen sie nur einen einzigen Spannungsmesseingang, der oft als BNC-Buchse ausgeführt ist. Im Unterschied zu einem Oszilloskop stellt ein Spektrumanalysator die Frequenzanteile eines kontinuierlich am Messeingang liegenden Signals dar.
Betrachtet man die Frequenz- und Pegelachse, so stellt die X-Achse Frequenzwerte dar. Die Skalierung wird, wie in Bild 1 gezeigt, über die Angabe einer Mittenfrequenz (Center) und eines überstrichenen Frequenzbereichs (Spanne, Span) konfiguriert. Damit lässt sich der jeweils aktive Messbereich bestimmen. Alternativ ist meist auch die Angabe einer Start- und einer Stopp-Frequenz möglich.
Von der Mischstufe und der Zwischenfrequenz
Ein Spektrumanalysator misst keine Gleichspannungen. Auf der Y-Achse werden die Amplituden der einzelnen Frequenzanteile oft als Spannungspegel in der Einheit dBm angegeben. Die Skalierung erfolgt einerseits über die Eingabe eines Referenzpegels, der den Spannungspegel am oberen Skalenende (in Bild 1 ist dieser 10 dBm) angibt, andererseits ähnlich der Y-Empfindlichkeit beim Oszilloskop über die Parametrierung des Spannungshubs pro Gittereinheit (im Bild 10 dBm).
Logarithmische Spannungspegel werden allgemein gemäß der Formel 1 ermittelt. Bei dBm-Angaben nimmt man als Referenzspannung Uref diejenige, die an einem Abschlusswiderstand von 50 Ohm, wie er bei höherfrequenten Messaufbauten verwendet wird, eine Leistung von 1 mW produziert, was ungefähr 0,224 V ergibt. Somit steht 0 dBm für eine Spannung von etwa 0,224 V, während 20 dBm rund 2,24 V entspricht.
Der Spektrumanalysator und die Sweep Time
Der Spektrumanalysator benötigt für die sehr komplexe Messung eine gewisse Zeit. Hier spricht man von der sogenannten Sweep Time. Innerhalb dieser Zeitspanne wird das Spektrum komplett ermittelt – es erfolgt ein Sweep – und im Display angezeigt. Im normalen Messmodus wird das angezeigte Spektrum nach jedem Sweep erneuert. Um eine entsprechend hohe Auflösung im Frequenzbereich bei möglichst geringer Sweep Time zu ermöglichen, arbeiten Spektrumanalysatoren nicht auf der Basis einer algorithmischen Frequenzanalyse eines zuvor abgetasteten Signalausschnitts, wie sie der FFT-Algorithmus durchführt, der u.a. bei einigen höherwertigeren Oszilloskopen integriert ist.
Spektrumanalysatoren verfügen hingegen über eine anspruchsvolle Analogelektronik, die den Großteil des schaltungstechnischen Aufwands ausmacht. Dabei entscheidet die Qualität der Analogtechnik maßgeblich über die erzielbaren Kenndaten. Das prinzipiell verwendete Funktionsprinzip zeigt Bild 2. Ein zu messendes Spannungssignal wird zunächst an ein Tiefpassfilter geführt. Es stellt sicher, dass keine Signalanteile mit Frequenzen oberhalb einer gerätespezifischen Maximalfrequenz fmax die nachfolgenden Stufen erreichen. Speziell zur Messung von Signalen mit höheren Spannungswerten kann eine Dämpfungsstufe manuell oder automatisch einparametriert werden.
Typische Spektrumanalysatoren erlauben ohne Dämpfungsstufe beispielsweise einen Spannungspegel bis etwa 20 dBm. Dämpfungsstufen sind oftmals bis zu einer Dämpfung bis etwa 80 dB parametrierbar. Umgekehrt können sehr kleine Signalspannungen direkt ausgewertet werden. So ist es üblich, dass Antennen und Sonden zum Messen elektrischer, magnetischer bzw. elektromagnetischer Felder ohne weitere Verstärker an den Messeingang angeschlossen werden. Speziell diese Signalquellen werden bei EMV-Messungen oder bei Mobilfunkmessungen verwendet.
Die Bedeutung der Mischstufe eines Spektrumanalysators
Von zentraler Bedeutung für die Funktion ist die nach dem Tiefpass befindliche sogenannte Mischstufe. Sie ist nichts anderes als ein Multiplizierer, der das Signal nach und nach jeweils über eine gewisse Zeitdauer mit einem Sinussignal ansteigender Frequenz multipliziert. Dadurch kann systematisch ein jeweils neu gewählter kleiner Frequenzausschnitt des Signals in einen Bereich um eine feste Zwischenfrequenz fZF herum hochgesetzt werden. Ein so in seiner Frequenz angehobener Frequenzausschnitt wird meist noch etwas verstärkt und dann durch ein relativ schmalbandiges Bandpassfilter geführt. Es weist als Mittenfrequenz, also der Frequenz, an der die maximale Durchlässigkeit besteht, genau fZF auf. Seine Aufgabe ist es, nur Signalanteile in diesem engen Frequenzbereich passieren zu lassen.
Nachfolgend wird das übrig gebliebene Signal durch eine entsprechend schnelle digitale Schaltungselektronik mit bezogen auf fZF recht hoher Abtastrate abgetastet. Über einen digitalen Algorithmus für die Signalverarbeitung wird der Signalpegel bestimmt und letztlich als Signalpegel über der ursprünglichen Signalfrequenz im Display des Messgeräts angezeigt.
Der Bandpassfilter und die Gaußsche Glockenkurve
Nochmals zurück zum Bandpassfilter: Er ist meist mit einer Filtercharakteristik in Anlehnung an die Gaußsche Glockenkurve realisiert und nicht, wie man vielleicht annehmen würde, als hart die Frequenzen abschneidendes Rechteckfilter. Der Grund: Rechteckfilter enthalten schaltungstechnisch viel mehr Stufen, welche die Signaldurchlaufzeit durch einen solchen Filter massiv erhöhen im Vergleich zu der analogfreundlichen Gauß-Charakteristiken. Die Breite der Glocke ist bei allen Spektrumanalysatoren einstellbar und nennt sich Auflösungsbandbreite oder RBW = Resolution Bandwidth. Sie ist definiert als Filterkurvenbreite auf der Höhe, wo die Durchlasswerte links bzw. rechts der Mittenfrequenz fZF gegenüber dem in der Mitte befindlichen Maximum um 3 dB abgefallen sind. Für die Mischstufe stellen wir uns vor, dass das zu messende Signal aus vielen einzelnen sinusförmigen Signalanteilen besteht. Ein solcher Sinusanteil der Frequenz f soll mit einem sinusförmigen Mischsignal mit der Frequenz fM multipliziert werden. Entsprechend einer trigonometrischen Formel ergibt sich Forme 2.
Das resultierende Signal ist also die Überlagerung von zwei sinusförmigen Signalen – auch wenn rein mathematisch hier Cosinusfunktionen aufgeführt sind – mit den Frequenzen fM - f bzw. fM + f. Genau das wird ausgenutzt, um mit einer genau dazu passenden Frequenz fM einen Frequenzanteil f des zu messenden Signals auf das Niveau der Zwischenfrequenz fZF zu heben. Die Frequenzverhältnisse werden so gewählt, dass für die nachfolgenden Schaltungen nur eines der beiden Signale zur Weiterverarbeitung kommt. Es wird durch den Frequenzbereich des Bandpasses sichergestellt.
Den Umweg über die Mischstufe nehmen
Eine Frage zum Funktionsprinzip ist möglicherweise noch offen: Wieso schaltet man nicht direkt in den Signalpfad des Messsignals einen Bandpassfilter, dessen Mittenfrequenz systematisch erhöht wird? Die Antwort liegt im dabei entstehenden Schaltungsaufwand: Damit man Bandpassfilter in Qualitäten erhält, wie sie für unser Beispiel benötigt werden, also eine möglichst kurze Signaldurchlaufzeit oder einstellbare Bandbreiten bis zu sehr kleinen Werten hinab, sind bei zusätzlich einstellbarer Mittenfrequenz mit aktuellen Techniken praktisch nicht umsetzbar. Deshalb muss der Messtechniker den Umweg über die Mischstufe gehen.
Das ist eine sehr erprobte Schaltungstechnik, die bei Sende- und Empfangsgeräten innerhalb der Kommunikationstechnik bereits länger zum Einsatz kommt. Um besser zu verstehen, was sich hinter dem Messergebnis eines Spektrumanalysators verbirgt, wollen wir etwas tiefer in die notwendige Theorie einsteigen: Jedes periodische Signal kann als eine unendliche Summe elementarer Cosinus- und Sinusfunktionen mit Frequenzen von ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz f0 des Signals beschrieben werden mit Formel 3. Hier handelt es sich um die Fourier-Reihe oder auch Fourier-Zerlegung eines periodischen Signals. Dabei ist u0 der Gleichanteil (Mittelwert) des Signals, der sich über Formel 4 berechnen. Die Koeffizienten u1n und u2n sind signalspezifisch und lassen sich mit den beiden Formeln 5 und 6 berechnen.
Die Integrationen in die beiden Formeln 5 und 6 müssen über eine Signalperiode T erfolgen und unabhängig vom konkreten Startzeitpunkt, der hier aus formalen Gründen wie in vielen weiterführenden Formeln der Fourieranalyse mit -0,5·T gewählt wurde. Man kann außerdem zeigen, dass gerade Funktionen u(t), also Funktionen, bei denen u(t) = u(-t) gilt, zu Fourier-Reihen führen, bei denen die u2n = 0 sind, es also abgesehen vom möglichen Gleichanteil u0 nur Cosinusglieder gibt.
Umgekehrt sind bei ungeraden Funktionen mit u(t) = -u(-t) die u1n = 0, hier existieren nur die Sinusglieder. Einen Gleichanteil u0 kann es bei ungeraden Funktionen nicht geben. Ein gleichanteilsfreies, symmetrisches Rechtecksignal mit Amplitude und Frequenz lässt sich mit der in Formel 7 dargestellten Fourier-Reihe zeigen.
Das Bild 3 zeigt links ein Rechtecksignal, das künstlich gemischt wurde, wobei nur bis zur siebenfachen Frequenzkomponente, also die dritte Oberwelle, gegangen wurde. Rechts im Bild ist das entsprechende Spektrum mit Pegelanzeige in V statt dBm zu sehen. Die Amplituden der Oberwellen höherer Ordnung werden schnell kleiner, so dass man für eine weitere Verbesserung der Kurvenform immer höhere Sinusanteile hinzufügen muss. Anders ausgedrückt: Ein gutes Rechtecksignal muss zahlreiche Oberwellen enthalten mit Frequenzen, die um Größenordnungen oberhalb der Grundfrequenz liegen.
Auflösungsbandbreite (RBW) und Sweep Time
Ein kompletter Sweep des Spektrumanalysators über die eingestellte Frequenzspanne besteht aus dem sequentiellen Verschieben des ursprünglichen Frequenzbereichs des Messsignals am Bandpassfilter mit der Auflösungsbandbreite (RBW) vorbei. Das Filter wirkt also wie eine Glättung im Frequenzbereich. Der Glättungseffekt ist umso größer, je größer die RBW eingestellt wird. Wir können dies demonstrieren, indem das Rechtecksignal (nunmehr ideal mit allen Oberwellen) in Bild 4 mit zwei unterschiedlichen RBW-Einstellungen im Spektralbild betrachten. Bei einem RBW von 0,5 MHz sind relativ schmale Spektrallinien erkennbar, die Darstellung kommt dem theoretischen Ideal (nur ein einziger von 0 verschiedener Spektralwert jeweils bei der Grundfrequenz sowie ihren ungeradzahligen Vielfachen) recht nahe. Wählt man RBW zu groß, wie das mit 3,5 MHz gemacht wurde, entstehen mehr oder weniger breite Glocken um die betreffenden Frequenzpunkte herum. RBW darf also nicht zu groß eingestellt werden.
Nun könnte man meinen, dass man RBW deshalb immer auf einen möglichst kleinen Wert einstellen sollte bzw. dass dies vielleicht ein Spektrumanalysator schon automatisch vornimmt. Dies funktioniert jedoch aus zwei Gründen nicht: Zum einen würde bei einer zu kleinen RBW die nachfolgende Signalverarbeitung mitunter zu wenig „Signalenergie“ (im Sinne von abtastfähigen Signalwerten über der Zeit) erhalten und zu kleine Pegelwerte ermitteln. Dies würde sich konkret darin äußern, dass die Maxima der Spektrallinien im Display einbrechen, teilweise Spektrallinien sogar komplett verschwinden. Zum anderen steigt der Zeitbedarf für einen Sweep sehr stark (und überproportional) mit kleiner werdender RBW an. Wesentliches Qualitätsmerkmal eines Spektrumanalysators und damit primär für dessen Preis ausschlaggebend ist dessen Frequenzbereich. Die hierzu durch die Hersteller spezifizierten Grenzfrequenzen reichen aktuell von ca. 500 MHz bis zu ca. 90 GHz.
Formelsammlung Spektrumanalysator
Lesen Sie außerdem
Jörg Böttcher: Kompendium Messtechnik und Sensorik. ISBN 978-3-7448-5626-3 (Paperback), Verlag: Books on Demand.
* Prof. Dr.-Ing. Jörg Böttcher hat eine Professur für Regelungstechnik und Elektrische Messtechnik an der Universität der Bundeswehr in München inne.
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