Hochvolt-Leistungshalbleiter HV-MOSFET ersetzt Elektromechanik wie Relais und Leistungsschutzschalter

Autor / Redakteur: Giovanbattista Mattiussi * / Gerd Kucera |

Zu den Hauptmerkmalen der CoolMOS S7-Familie zählen Optimierung der Leitungsverluste, verbesserter thermischer Widerstand und die Fähigkeit, hohe Pulsströme zu übertragen. Anwendungsfelder sind beispielsweise Leistungshalbleiter-Relais, aktive Brückengleichrichtung, Wechselrichterstufen, SPS und Leistungsschalter.

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Mit Halbleiterschaltern lässt sich der Ein-und Ausschaltvorgang sogar bei Gleichspannungen und Gleichströmen einfacher steuern. Das Ziel ist hier die Vermeidung von Einschalt-Stromstößen, die neue Probleme erzeugen. Doch der eigentliche Nutzen ist die zuverlässige Funktion über eine lange Lebensdauer.
Mit Halbleiterschaltern lässt sich der Ein-und Ausschaltvorgang sogar bei Gleichspannungen und Gleichströmen einfacher steuern. Das Ziel ist hier die Vermeidung von Einschalt-Stromstößen, die neue Probleme erzeugen. Doch der eigentliche Nutzen ist die zuverlässige Funktion über eine lange Lebensdauer.
(Bild: Infineon)

Tatsächlich ist das Halbleiter-Relais (Solid State Relay) ein Leistungstransistor in der Funktion eines schnellen (niederfrequenten) Schalters, mit einer Reihe von Vorteilen gegenüber den elektromechanischen Pendants: Es hat beispielsweise wesentlich kürzere Schaltzeiten und eliminiert den Lichtbogen und das Schaltgeräusch, das mit elektromechanischen Komponenten einhergeht. Halbleiter-Relais funktionieren von Haus aus zuverlässiger, haben eine viel längere Lebensdauer und können kleine wie auch größere Leistungen schalten und trennen.

Nachfolgend vergleicht der Artikel wesentliche Merkmale der auf CoolMOS-Basis entwickelten Hochspannungs-MOSFETs, die nach dem Superjunction-Prinzip funktionieren, mit althergebrachten elektromechanischen Hochvolt-Relais und Leistungsschutzschaltern. Die vorherrschende Meinung ist, dass die Halbleiter Technologie für Applikationen als Schalter im Hochvolt-Bereich nicht geeignet ist.

Elektromechanik versus Halbleiter

Was charakterisiert elektromechanische Relais oder Schutzschalter und wie entwickeln sich ihre Halbleiter-basierten Gegenstücke derzeit? Auffälligstes Merkmal des Relais ist das Schaltgeräusch, das auf die mechanische Bewegung als Fehlerquelle hinweist. Ermüdungs- und Ausfallpunkt in der Kontaktoberfläche begrenzen die Lebensdauer stark. Die an ihnen anliegenden hohen Spannungen können Lichtbögen verursachen, die den engen Luftspalt durchschlagen, bevor der Kontakt vollständig hergestellt ist.

Dasselbe Phänomen zeigt sich beim Öffnen der Kontakte. Es muss auch klar sein, dass die Spannung, sei es Gleich- oder Wechselstrom, auch während des Schaltvorgangs an den Kontakten anliegt. Wenn keine besonderen Vorkehrungen zum Schalten beim Nulldurchgang bei Wechselstrom getroffen werden, entsteht bei fast jeder Aktivierung eines Relais ein Lichtbogen. Dies hat die rapide Abnutzung der Kontakte und deren Verschweißen zur Folge.

Auch in weniger extremen Fällen erhöht sich der Übergangswiderstand im Lauf der Zeit und beim Gebrauch, was zu einem unvorhersehbaren Verhalten der Kontakte führt. Letztlich führt die Ermüdung durch Abnutzung und Gebrauch aller Wahrscheinlichkeit nach zum Ausfall. Als Konsequenz daraus definieren die Hersteller für derartige Komponenten eine limitierte Anzahl von Schaltvorgängen, die eine Begrenzung der Lebensdauer darstellt.

Außerdem können die Kontakte elektromechanischer Relais prellen, wie man es auch bei Schaltern für niedrige Spannungen kennt. Beim Schalten hoher Spannungen und Ströme ist dieses Prellen jedoch deutlich schädlicher für die Kontakte und führt deshalb zu einem viel schnelleren Verschleiß der Baugruppe.

Halbleiter-Relais können hingegen auch beim Nulldurchgang der Spannung schalten. Das soll sicherstellen, dass sie erst dann den Strom durchleiten, wenn die Spannung (oder der Strom, der auch oft eine Phasenverschiebung zur Spannung aufweist) auf ihrem niedrigsten Wert ist. Mit Halbleiterschaltern lässt sich der Ein-und Ausschaltvorgang sogar bei Gleichspannungen und Gleichströmen einfacher steuern. Doch der eigentliche Nutzen ist die zuverlässige Funktion über eine lange Lebensdauer.

Bild 1: Kontaktverschleiß in einem elektromechanischen Relais.
Bild 1: Kontaktverschleiß in einem elektromechanischen Relais.
(Bild: Eaton Corporation)

Es gibt natürlich gute Gründe, warum Entwickler immer noch die elektromechanische Option favorisieren. Sie verweisen dabei hauptsächlich auf die Kosten, Leistungsfähigkeit und Funktion. In Bezug auf die Kosten ist es fair zu sagen, dass die Halbleiter-Option einen höheren Preis bedingt als ein rein elektromechanisches Relais oder Schalter. Wenn man jedoch die Lebensdauer der Applikation und die mit der vorliegenden Funktion verbundenen Wartungs-, Reparatur- und Betriebskosten mit einbezieht, kann man zugunsten der Halbleiterlösung argumentieren. Diese Betrachtung basiert größtenteils auf den gesamten Systemkosten, gewichtet mit der Lebensdauererwartung. Ein elektromechanisches Relais mag eine betriebliche Nutzungsdauer aufweisen, die sich mit einigen hunderttausend Betätigungen bemessen lässt. Für die Lebensdauer eines Halbleiter-Relais sind einige zig Millionen realistisch.

Es ist eine Frage der Zeit, wann beide Varianten preisgleich angeboten werden. Während es dann noch gewisse Innovationen bei den elektromechanischen Produkten gibt, helfen diese lediglich bei der Aufrechterhaltung ihrer mittleren Abgabepreise oder, mehr realistisch, bei deren Erhöhung. Gleichzeitig sinkt der mittlere Abgabepreis von Halbleiterlösungen.

Hinsichtlich Nachteil ist der am häufigsten genannte Parameter der Leitungsverlust infolge des Widerstandes im Strompfad. Bei einer elektromechanischen Komponente ist dieser Widerstand anfangs gering, steigt aber über die Einsatzdauer. Bei der Halbleiterlösung sind die Leitungsverluste direkt dem Durchlasswiderstand zuzuordnen, der durch den eingesetzten Halbleitertyp und der Kanalauslegung des Leistungstransistors gegeben ist. Diese beiden Eigenschaften beeinflussen die Kosten.

Die Lebensdauer der Komponente wird nicht durch den Durchlasswiderstand des Systems beeinflusst. Er hat eine feste Größe und wird durch die Anforderungen des Designs bestimmt. Angestrebt sind geringe Leitungsverluste und Halbleiterkosten. Dies lässt sich als Figure-of-Merit-Kenngröße zusammenfassen; ausgedrückt als der Durchlasswiderstand bezogen auf die Fläche (A) oder: RDS(on) x A. Dies ist ein wichtiger Gesichtspunkt für die Halbleiterhersteller und ein Thema, das Infineon mit seiner CoolMOS-Technologie-Plattform anspricht, wie im nächsten Abschnitt im Detail dargelegt wird.

Eine weitere Sorge gilt der Systemsicherheit. Halbleiterlösungen können wesentlich schneller schalten als elektromechanische Komponenten, da sie keine bewegten Teile enthalten. Während kürzere Ansprechzeiten auf jeden Fall vorteilhaft sind, kommt dies mit dem Nachteil, dass bei ihnen keine galvanische Trennung zwischen Eingang und Ausgang vorliegt. In Applikationen, in denen Kontakt mit Menschen möglich ist, schreiben die Sicherheitsvorschriften jedoch diese sicherheitsrelevante Trennung zwischen Hochvolt-Eingang und Ausgang vor.

Bild 3: Halbleiter-Relais (links) ermöglichen eine signifikante Reduktion im Bauvolumen.
Bild 3: Halbleiter-Relais (links) ermöglichen eine signifikante Reduktion im Bauvolumen.
(Bild: Infineon)

Die galvanische Trennung wird in Form eines Luftspalts implementiert, generell als physikalischer Zwischenraum zwischen den leitenden Elementen. In dieser Hinsicht ist die Halbleitertechnologie noch im Nachteil und dies hat dem Konzept der hybriden Schutzschalter oder Relais einen starken Auftrieb verschafft. Es verwendet ein Halbleiterelement zum Schalten der Hochspannung sowie ein kleineres und dadurch preiswerteres elektromechanisches Relais zur galvanischen Trennung des Ausgangs. Es kann geschaltet werden, wenn keine Spannung anliegt und verlängert damit dessen nutzbare Lebensdauer maßgeblich.

Natürlich gibt es auch zahlreiche Anwendungen, in denen keine galvanische Isolation erforderlich ist. Dennoch gehen die für Schutzschalter geltenden Sicherheitsvorschriften immer noch davon aus, dass eine elektromechanische Komponente eingesetzt wird. Eine Kombination aus galvanischer Isolation und mechanischen Relais ist eine Alternative. Durch ein nach dem Halbleiter geschaltetes mechanisches Relais wird der Verschleiß der Komponenten minimiert und die Sicherheitsvorschriften sind eingehalten.

Bild 2: Die Verbesserung von RDS(on) x A in Superjunction MOSFETs über der Zeit.
Bild 2: Die Verbesserung von RDS(on) x A in Superjunction MOSFETs über der Zeit.
(Bild: Infineon)

Der Aufstieg der Superjunction-MOSFETs

Transistoren werden auf halbleitenden Substraten implementiert. Bis heute ist Silizium das am häufigsten eingesetzte Sub- stratmaterial. Dabei sind die Halbleitertypen recht unterschiedlich. Für das Schalten von Wechselströmen, speziell beim Nulldurchgang, ist der Triac der bevorzugte Baustein. MOSFETs mit planarer Topologie werden im Allgemeinen zum Schalten von Gleichströmen und Gleichspannungen eingesetzt, während IGBTs für höhere Spannungen und Ströme verwendbar sind.

Allerdings haben alle Ansätze aufgrund ihrere Bauweise typische Leitungsverluste. Diese Verluste manifestieren sich als unerwünschte Wärme, die abführt werden muss. Dies verlangt den Einsatz von Wärmesenken, wodurch mehr Einbauraum nötig ist und einen Anstieg der Kosten (Bill of Materials) verursacht.

Ein Superjunction-MOSFET geht über den planaren Fertigungsprozess auf der Basis eines einzigen p-n-Übergangs hinaus, und zwar auf eine Struktur mit mehreren p-n-Übergängen. Damit wird der Durchlasswiderstand auf mehrere parallele Pfade verteilt, mit dem Effekt, dass der Durchlasswiderstand insgesamt niedriger wird.

S7 heißt die aktuelle CoolMOS-Technologie

Infineon ist bereits seit den 1990er Jahren ein Pionier des Superjunction-MOSFET und entwickelt diese Technologie kontinuierlich weiter. Sie bietet im Vergleich zu anderen Transistor-Topologien signifikante Vorteile, spezifisch für den auf die Fläche bezogenen Durchlasswiderstand. Dies führt zu entsprechend geringeren Verlusten – was bedeutet, dass er nicht nur kostengünstiger wird, sondern auch in Applikationen eingesetzt werden kann, die höhere Spannungen und Ströme ohne Vorkehrungen zur Wärmeableitung schalten müssen.

Mit der CoolMOS-Technologie ist Infineon führend im Wettlauf um RDS(on) x A. Außerdem steht Infineon kurz vor der Einführung einer neuen Technologie: CoolMOS S7. Sie verspricht einen noch geringeren Wert für RDS(on) x A und den erfolgreichen Tausch der Schaltverluste für einen niedrigeren Durchlasswiderstand. In Applikationen mit Halbleiter-Relais und -Schutzschaltern ermöglicht dies den perfekten Abgleich der Performance mit den Anforderungen, da die Relais und Schutzschalter nicht bei hohen Frequenzen operieren müssen.

Die neueste Superjunction-MOSFET-Plattform von Infineon ist ein Durchbruch bei der Entwicklung von Halbleiter-Relais und -Schutzschaltern. Sie bietet einen bislang unerreicht niedrigen Wert für die Kennzahl (Figure of Merit) RDS(on) x A, zu einem Preispunkt, der die Anforderungen der Entwickler und deren Endanwendermärkte erfüllt. Darüber hinaus ist ein Halbleiterrelais weitaus kompakter im Vergleich mit bestehenden Alternativen. Das resultiert in einer Reduktion des Bauvolumens um mehr als 95%. Die Superjunction-MOSFETs wie die CoolMOS-7-Serie sind ein Beispiel für Bausteinlösungen, mit denen Infineon die Nachfrage nach Alternativen in der Leistungselektronik erfüllt.

* Giovanbattista Mattiussi ist Produktmarketing-Manager für MOSFETs in der Powermanagement und Multimarket Division bei Infineon Technologies.

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