Analogsignale aufgedröselt Wie wirkt sich Verstärkerrauschen auf Delta-Sigma-ADCs aus? (Teil 4)

Autor / Redakteur: Bryan Lizon* / Kristin Rinortner

Im vierten Teil unserer Serie zu Delta-Sigma ADCs beschäftigen wir uns mit dem Ausgangs- und Eingangsrauschen von A/D-Wandlern. Zudem untersuchen wir, welche Auswirkungen ein Verstärker am Eingang des A/D-Wandlers hat und welche Unterschiede A/D-Wandler mit hoher und niedriger Auflösung zeigen.

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Analogsignale aufgedröselt: Wie verändert ein Verstärker die effektive Rauschbandbreite eines A/D-Wandlers?
Analogsignale aufgedröselt: Wie verändert ein Verstärker die effektive Rauschbandbreite eines A/D-Wandlers?
(Bild: beholdereye – stock.adobe.com)

In vielen Datenerfassungs-Systemen gehört das präzise Messen schwacher Eingangssignale zu den täglichen Herausforderungen. Dies ist beispielsweise in vielen Systemen in der Fabrikautomation der Fall. Ähnlich ist es auf Ölbohrplattformen, wo Differenzdruck-Durchflussmesser die Menge des geförderten Öls mit einer Genauigkeit im Bereich von Millilitern ermitteln müssen.

Zur Messung dieser Prozessgrößen werden analoge Sensoren eingesetzt, bei denen es sich beispielsweise um Widerstandsthermometer, Thermoelemente oder Widerstandsbrücken handeln kann. Diese Sensoren erzeugen in der Regel sehr schwache Signale, die deshalb zunächst so verstärkt werden müssen, dass sie nicht im Grundrauschen des Datenerfassungs-Systems untergehen.

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Die Verstärkung kann ebenfalls zur Erweiterung des Dynamikbereichs genutzt werden, um den Eingangsbereich des A/D-Wandlers zu erweitern. In jedem Fall ist hierfür in einem analogen System stets ein Verstärker erforderlich, der entweder als diskreter Baustein vorliegt oder in eines der Signalketten-Bauteile (z.B. in den A/D-Wandler) integriert ist.

Wie jedes andere Bauelement eines elektrischen Systems sind auch diese Verstärker rauschbehaftet, und es stellt sich somit die Frage, wie sich dieses Rauschen auf das System insgesamt auswirkt. In den nächsten Teilen der Artikelserie „Analogsignale aufgedröselt“ versuche ich, diese Frage zu beantworten. Ich vermittle Ihnen ein fundiertes Verständnis des Verstärkerrauschens und zeige, wie die Signalkette dadurch beeinflusst wird.

Im Mittelpunkt des vorliegenden Teils stehen daher die folgenden Themen, die mit dem Verstärkerrauschen zu tun haben:

  • Ausgangs- und eingangsbezogenes Rauschen
  • Anschluss eines Verstärkers an den Eingang eines A/D-Wandlers
  • Unterschiede zwischen gering- und hochauflösenden A/D-Wandlern.

Im nächsten Teil der Serie gebe ich Ihnen eine detaillierte Beschreibung anhand eines kommerziell verfügbaren A/D-Wandlers und Verstärkers.

A/D-Wandler: Ausgangs- und Eingangsrauschen

Unter dem Augangsrauschen (noise referred-to-output, UN,RTO) versteht man – wie der Name schon sagt – das am Ausgang eines A/D-Wandlers gemessene Rauschen. Eine Methode, die ADC-Hersteller zur Charakterisierung des Rauschens eines A/D-Wandlers verwenden, besteht darin, die Eingänge des Bausteins miteinander zu verbinden und dann das Rauschen am Eingang zu messen, um daraufhin das Eigenrauschen am Ausgang des A/D-Wandlers zu messen (Bild 1).

Der tatsächlich im Datenblatt angegebene Wert ist also in der Regel auf den Eingang bezogen. Ähnlich dem Ausgangsrauschen handelt es sich beim Eingangsrauschen (noise referred-to-input, UN,RTI) um das Rauschen am Eingang des A/D-Wandlers, das jedoch im Gegensatz zum ausgangsbezogenen Rauschen nicht gemessen, sondern berechnet wird.

Im Fall eines A/D-Wandlers ohne integrierte Verstärkerstufe ist das Eingangsrauschen gleich dem Ausgangsrauschen (Gleichung 1):

UN,RTO = UN,RTI = UN,ADC (keine Verstärkung)
(Gleichung 1)

Dies wirft natürlich die Frage auf, weshalb die Hersteller von A/D-Wandlern dann überhaupt ein Rauschen als eingangsbezogen anstatt als ausgangsbezogen spezifizieren. Hilfreich für die Beantwortung dieser Frage ist es, eine Ersatzschaltung zu konstruieren, in der der eigentliche ADC von seinem Rauschen separiert und als rauschfreier ADC wiedergegeben wird, dem eine Spannungsquelle vorausgeht, die das Eingangsrauschen des A/D-Wandlers darstellt (Bild 2).

Führt man dem A/D-Wandler nun ein reales Signal zu, ist ersichtlich, dass man das ADC-Rauschen als eingangsbezogen charakterisiert, da es die Eingangsauflösung des Systems definiert. Im Endeffekt „konkurriert“ das Eingangssignal mit dem eingangsbezogenen Rauschen: ist die Amplitude des Signals größer als das eingangsbezogene Rauschen, kann man es beobachten, während es im anderen Fall im Rauschen untergeht und sich einer Beobachtung entzieht.

Wenn man weiß, wie groß das kleinste aufzulösende Eingangssignal ist, kann man aus dem Eingangsrauschen schnell und einfach entnehmen, ob ein bestimmter A/D-Wandler die notwendige Auflösung bietet. Bei eigenständigen ADCs, bei denen das eingangsbezogene gleich dem ausgangsbezogenen Rauschen ist, mag dies noch weniger bedeutsam sein. Aber wie verhält es sich, wenn im Signalpfad ein Verstärker vorkommt?

Verstärker zum Eingang eines A/D-Wandlers hinzufügen

Um die Auswirkungen eines Verstärkers auf das Rauschen des Systems insgesamt zu analysieren, kann man ihn von seiner Rauschquelle separieren, wie wir es gerade im Fall des ADC getan haben.

Im vorliegenden Fall modelliert man ihn als rauschfreien Verstärker, dem eine Spannungsquelle vorgeschaltet ist, die das Verstärkerrauschen UN,AMP erzeugt (Bild 3). Zusätzlich kann man die Annahme zugrunde legen, dass die Eingangsquelle (USIGNAL) rauschfrei ist, obwohl die Verstärkerstufe natürlich in der Realität auch jedes Sensorrauschen mitverstärkt.

Da sich das eingangsbezogene Rauschen nicht direkt messen lässt, muss zunächst das ausgangsbezogene Rauschen des in Bild 3 dargestellten Systems bestimmt werden. Unter der Annahme, dass das Rauschen von Verstärker und ADC nicht korreliert, kann mit der Methode des Wurzel-Summenquadrats (Root Sum Square, RSS) das gesamte ausgangsbezogene Rauschen ermittelt werden.

Ein ungünstiger Nebeneffekt, der sich durch das Verstärken des Eingangssignals einstellt, ist die Tatsache, dass dabei auch das Rauschen des Verstärkers mitverstärkt wird. Folglich muss man zunächst das Verstärkerrauschen mit dem Verstärkungsfaktor des Verstärkers skalieren. Gleichung 2 gibt das daraus resultierende ausgangsbezogene Rauschen wieder:

UN,RTO = [(UN,AMP * GAMP)2 + (UN,ADC)2 ]–1/2 nUeff
(Gleichung 2)

Diese Gleichung zum ausgangsbezogenen Rauschen lässt sich nunmehr in eine äquivalente eingangsbezogene Rauschquelle für das System transformieren. Hierzu vereinfacht man das in Bild 3 gezeigte Schaltbild zunächst so, dass ein äquivalentes Schaltungsrauschmodell beide ursprünglichen Rauschquellen in einer eingangsbezogenen Rauschquelle (UN,RTI) zusammenfasst.

Hierdurch vereinfacht sich gleichzeitig die Analyse, da sich ohne großen Aufwand bestimmen lässt, ob die einfache Signalkette aus ADC und Verstärker eine genügend hohe Auflösung für die jeweilige Applikation mitbringt.

Signalkette: Aus dem Ausgangsrauschen das Eingangsrauschen berechnen

Um nun aus dem Ausgangsrauschen das Eingangsrauschen zu berechnen, werden die einzelnen Rauschterme durch die Schaltungsverstärkung (GAMP) dividiert, wie es Gleichung 3 wiedergibt:

UN,RTI= [(UN,AMP)2 + (UN,ADC / GAMP)2 ]–1/2 nUeff
(Gleichung 3)

Beachten Sie, wo sich der Verstärkungsterm GAMP in Gleichung 2 und Gleichung 3 befindet. In Gleichung 2 ist das Verstärkerrauschen proportional zur Verstärkung, während in Gleichung 3 das ADC-Rauschen proportional zum Kehrwert der Verstärkung ist.

In beiden Fällen kann also das Rauschen des A/D-Wandlers vernachlässigt werden, wenn der Verstärkungsfaktor des Verstärkers hinreichend hoch ist und das Verstärkerrauschen auf einem vergleichbaren Niveau liegt.

Das resultierende eingangsbezogene Rauschen wird somit vollständig vom Verstärkerrauschen dominiert, wie aus Gleichung 4 zu ersehen ist. Diese Aussage gilt übrigens unabhängig davon, ob der Verstärker in den A/D-Wandler integriert oder diskret implementiert ist.

Wenn GAMP * UN,AMP≫ UN,ADC dann UN,RTI = UN,AMP * nUeff
(Gleichung 4)

Signalkette durch weitere Verstärker ergänzen

Wie sieht die Sache aber aus, wenn man die Signalkette durch weitere Verstärker ergänzt, wie es in Bild 5 zu sehen ist? Man kann mehrere diskrete Verstärker hinzufügen oder einen ADC mit integriertem Verstärker durch einen externen Verstärker ergänzen.

Wie schon weiter oben gezeigt, werden auch hier alle Rauschterme zu einer eingangsbezogenen Rauschquelle mit einem äquivalenten Schaltungsrauschmodell kombiniert (Bild 6).

Mithilfe von Bild 6 und den Gleichungen 2 und 3 lässt sich das Eingangsrauschen für diese erweiterte Signalkette mit n Verstärkern ermitteln (Gleichung 5):

UN,RTI = [(UN,AMP1)2 + (UN,AMP2 / GAMP1)2 + ... + (UN,ADC / GAMP1 * ... * GAMPn)2]–1/2 nUeff
(Gleichung 5)

Wie schon im vorigen Beispiel hängt diese neue Gleichung für das Eingangsrauschen von den Rauschanteilen sämtlicher Bauelemente in der Signalkette ab, allerdings wird jeder Term mit dem Kehrwert des Produkts der Verstärkungsfaktoren aller Verstärker skaliert, sodass nur der erste Term, nämlich das Spannungsrauschen des ersten Verstärkers, unabhängig vom Verstärkungsfaktor ist.

Ähnlich wie bei Gleichung 4 bedeutet dies auch hier, dass bei einem hohen Verstärkungsfaktor der ersten Stufe alle übrigen Terme in Gleichung 5 effektiv gegen null gehen, sodass das Eingangsrauschen ausschließlich vom Rauschen des ersten Verstärkers bestimmt wird. Um also mit ein- und mehrstufigen Verstärkerkonfigurationen die optimale Leistungsfähigkeit zu erzielen, sollten Sie für die erste Stufe einen rauscharmen Verstärker mit hoher Verstärkung wählen.

Wie Gleichung 4 zu entnehmen ist, wirkt sich diese Entscheidung nicht bei allen A/D-Wandlern in gleicher Weise aus. Tatsächlich kann man einen ADC mit geringerer Auflösung mit einem Verstärker mit höherem Rauschen paaren oder einen höheren Verstärkungsfaktor wählen und dennoch die Rauschvorgaben des Systems erfüllen. Bei einem höher auflösenden A/D-Wandler wirkt sich außerdem eine moderate Anhebung des Verstärkungsfaktors möglicherweise überhaupt nicht aus.

Weiter analysieren lassen sich diese Erkenntnisse, wenn man den 16-Bit-ADC ADS114S08 mit dem 24-Bit-Baustein ADS124S08 vergleicht. Diese beiden A/D-Wandler sind bis auf ihre unterschiedlichen Auflösungen identisch und enthalten beide einen integrierten PGA (Programmable Gain Amplifier) mit dem gleichen Verstärkerrauschen. Aufgrund ihrer Ähnlichkeit lässt sich mit diesen A/D-Wandlern analysieren, wie unterschiedliche ADC-Auflösungen bei einer Änderung des Verstärkungsfaktors das Systemrauschen beeinflussen.

Systemrauschen: Unterschiede bei ADCs mit geringer und hoher Auflösung

Bild 7 gibt das Eingangsrauschen des ADS114S08 und des ADS124S08 bei Verstärkungen von 1 und 2 V/V für sämtliche verfügbaren Datenraten an. Wählt man eine beliebige Datenrate – zum Beispiel 50 Sampe/s – und betrachtet das Verhältnis zwischen den eingangsbezogenen Rauschwerten bei diesen Verstärkungen, erhält man für beide ADCs einen Wert von etwa 2.

Anders ausgedrückt: wenn die Verstärkung um den Faktor 2 angehoben wird, reduziert sich das Rauschen gleichzeitig um den Faktor 2. In diesem Fall führt ein Anheben der Verstärkung also bei dem ADC mit geringer Auflösung (16 Bit) und bei ADC mit hoher Auflösung (24 Bit) zu einer Verbesserung des Systemrauschens.

Die Tabellen in Bild 8 dagegen zeigen die gleichen Berechnungen mit den höchsten Verstärkungen von 64 und 128 V/V. Hier ist bei dem A/D-Wandler mit geringer Auflösung nach wie vor ein Verhältnis von 2 zu beobachten, während sich das Verhältnis bei dem A/D-Wandler mit höherer Auflösung auf fast 1 verringert hat.

Im letzteren Fall also bewirkt ein Anheben des Verstärkungsfaktors keine Verbesserung der Rauscheigenschaften. Was ist die Ursache für diesen Unterschied?

Für den A/D-Wandler mit geringer Auflösung (das Quantisierungsrauschen dominiert) erklärt sich das konstante Verhältnis zwischen den Verstärkungen aus dem hohen Niveau des ADC-Rauschens im Vergleich zum Verstärkerrauschen. In diesem Fall ist die in Gleichung 4 formulierte Bedingung nicht erfüllt, da das ADC-Rauschen deutlich größer ist als das Verstärkerrauschen.

Das ADC-Rauschen verringert sich jedes Mal, wenn die Verstärkung um den Faktor 2 angehoben wird, doch selbst bei seinem niedrigsten Wert (G = 128 V/V) dominiert das ADC-Rauschen immer noch das Verstärkerrauschen. Folglich kann man das Verstärkerrauschen niemals in den Messungen „sehen“.

Diese spezielle Signalkette ist somit weniger von der Leistungsfähigkeit des Verstärkers abhängig, sodass sich das Rauschen durch höhere Verstärkungswerte potenziell verbessern lässt.

Systemrauschen: Fallstricke bei A/D-Wandlern mit hoher Auflösung

Im Fall von A/D-Wandlern mit hoher Auflösung (das thermische Rauschen dominiert) gilt das Gegenteil, auch wenn in beiden ADCs der gleiche Verstärker zum Einsatz kommt. Hier ist das ADC-Rauschen deutlich niedriger als das Produkt aus Verstärkerrauschen und Verstärkungsfaktor, sodass die Bedingung in Gleichung 4 erfüllt ist.

Die Folge ist, dass UN,RTI effektiv konstant ist, sodass sich das Eingangsrauschen trotz Anhebung des Verstärkungsfaktors praktisch nicht verändert. Unter diesen Umständen ist die Leistungsfähigkeit des Verstärkers kritisch und in vielen Fällen verschlechtert ein Verstärker die Systemauflösung gegenüber einem System ganz ohne Verstärker.

Auf diese Aspekte werde ich im nächsten Teil der Artikelserie „Analogsignale aufgedröselt“ genauer eingehen: Wir schließen verschiedene externe Verstärker an den Eingang eines A/D-Wandlers mit hoher Auflösung an und vergleichen das Gesamtrauschen im System der einzelnen Konfigurationen miteinander.

Das sollten Sie sich merken:

  • In Signalketten ohne Verstärker ist das Ausgangsrauschen gleich dem Eingangsrauschen.
  • Das Ausgangsrauschen wird gemessen, das Eingangsrauschen berechnet. Das Eingangsrauschen gibt die Eingangsauflösung des Systems wieder.
  • Das Rauschen der ersten Verstärkerstufe dominiert das Eingangsrauschen des Systems (unter der Voraussetzung ähnlicher Rauschwerte der Komponenten und einer hohen Verstärkung in der ersten Stufe). Ein (rauscharmer) A/D-Wandler mit hoher Auflösung in Verbindung mit einem rauschbehafteten Verstärker beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit des Systems.
  • Im Interesse optimaler Rauscheigenschaften wird die erste Stufe generell als rauscharmer Verstärker mit geringem Verstärkungsfaktor konfiguriert.

* Bryan Lizon arbeitet als Product Marketing Engineer bei Texas Instruments in Dallas / USA.

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