Analogwandler Ein Blick in die Vergangenheit der Datenwandler

Von Richard Oed *

Vor knapp 100 Jahren beschrieb Paul M. Rainey einen 5-Bit Datenwandler. Anschließend revolutionierte die Elektronenröhre die Wandlertechnik, bis sie vom integrierten Schaltkreis abgelöst wurde.

Entwicklungsprozess: Von den ersten, noch extrem teuren Datenwandlern bis zum massenhaften Einsatz war es ein langer Weg.
Entwicklungsprozess: Von den ersten, noch extrem teuren Datenwandlern bis zum massenhaften Einsatz war es ein langer Weg.
(Bild: © peter knechtges/Fotolia.com)

Wann genau der erste Datenwandler gebaut wurde, wie er aussah und welche technischen Daten er aufzuweisen hatte, ist unbekannt. Bekannt ist, dass der Telegraf der Auslöser für die Entwicklung der elektronischen Wandler war. Durch seine zunehmende Popularität wurde eine höhere Kapazität notwendig, die man durch das Multiplexen mehrerer Kanäle auf der Zweidrahtleitung erreichen wollte.

Bell Labs experimentierte mit verschiedenen Verfahren wie dem Time Division Multiplexing (TDM), das schon 1853 in einem Patent von M. B. Farmer beschrieben wurde und durch Jean-Maurice-Émile Baudot 1875 praktisch umgesetzt wurde, oder Frequency Division Multiplexing (FDM), das eine relativ große Verbreitung fand. Diese Verfahren kamen alle noch ohne Datenwandler aus, erst die ebenfalls in der Telegrafie eingesetzte Pulse Code Modulation (PCM) machte diese notwendig.

Die Puls Code Modulation machte Wandler notwendig

Zum ersten Mal wurde im Jahr 1921 ein Datenwandler erwähnt. Der bei Western Electric arbeitende Paul M. Rainey beschrieb in seinem Patent, welches er für ein „Facsimile Telegraph System“ zur Übertragung von Bildern erhalten hatte, einen 5-Bit Flash-Converter (U.S. Patent Nr. 1,608,527). Das Patent beschränkte sich dabei nicht nur auf den Wandler, sondern detaillierteauch Konzepte für die Quantisierung, die serielle Kommunikation und die Rekonstruktion über einen D/A Wandler.

Ende der 1920er- und in den 1930er-Jahren erhielt die Entwicklung von Datenwandlern durch die Einführung der Elektronenröhre einen großen Schub. Alec Harley Reeves beschrieb in seinem 1939 eingereichten, aber erst 1942 erteilten bahnbrechenden Patent (U.S. Patent Nr. 2,272,070) einen 5-Bit A/D-Wandler nach dem Zählverfahren, der mit einer Abtastrate von 6 kSample/s arbeitete.

In diesem Patent formulierte er auch einen ähnlich funktionierenden D/A-Wandler mit nachgeschaltetem Tiefpassfilter zur vollständigen Rekonstruktion des Signals.

Die Elektronenröhre brachte den Fortschritt

Im Jahr 1947 wurde erstmals ein noch auf der Vakuumröhre basierender 5-Bit SAR-Wandler erwähnt und die Entwicklung der Elektronenstrahl-Kodierröhre machte dann höhere Wortbreiten und Abtastraten möglich. Damit wurde 1948 erstmalig ein 7-Bit Wandler mit einer Abtastrate von 96 kSample/s aufgebaut. Durch den Einsatz des Gray-Codes zur Fehlererkennung konnte der Fehler auf maximal 0,5 LSB beschränkt werden.

Aufgrund der Einschränkungen der frühen Datenwandler, wie Gewicht, Größe und Stromverbrauch, fanden sie keine weite Verbreitung und waren speziellen Anwendungen, wie der Telekommunikation und der Militärtechnik, vorbehalten. Erst 1954 stellte die von Bernard M. Gordon gegründete Firma Epsco Engineering einen noch auf der Vakuumröhre basierenden 11-Bit 50 kSamples/s Successive Approximation Register ADC vor, der damit als erster kommerziell verfügbarer Datenwandler gilt. Er wog 70 kg, verbrauchte 500 W und kostete zwischen 8000 und 9000 US-Dollar. In den Jahren danach kamen dann mehrere Firmen, wie beispielsweise Epsco, Non-Linear Systems oder auch Adage, mit ihren vor allem in Voltmetern eingesetzten Produkten auf den Markt.

Bild 1: Ein Paul M. Rainey 1926 erteiltes Patent beschreibt zum ersten Mal einen 5-Bit Wandler.
Bild 1: Ein Paul M. Rainey 1926 erteiltes Patent beschreibt zum ersten Mal einen 5-Bit Wandler.
(Bild: U.S. Patent Nr. 1,608,527)

In den 1960er-Jahren erhielt die Entwicklung von Hochgeschwindigkeitswandlern durch das Anti-Ballistic Missile (ABM) System der amerikanischen Regierung großen Auftrieb. Die Bell Labs entwickelten dafür einen 8-Bit 10 MSamples/s ADC, der 1966 von den beiden Entwicklern dieses Wandlers durch die von ihnen gegründete Firma Computer Labs kommerzialisiert wurde, wobei ein Wandler um die 10000 US-Dollar kostete. Durch die sich stetig vergrößernden Absatzmöglichkeiten drängten immer mehr Firmen auf den Markt, wie, um nur einige zu nennen, Analogic, Pastoriza Electronics, Burr-Brown, Beckman Instruments, Texas Instruments oder Zeltex.

Halbleiterschaltungen machten den Massenmarkt möglich

Halbleiterschaltungen gewannen erst ab Mitte der 1960er-Jahre langsam an Bedeutung, nachdem in den Jahren zuvor etliche Meilensteine in der Halbleitertechnik erreicht worden waren. Dies waren unter anderem die Erfindung des Germaniumtransistors 1947 durch Bardeen, Brattain und Shockley in den Bell Labs, die Erfindung des Siliziumtransistors 1954 durch Gordon Teal bei Texas Instruments (TI) und die Erfindung des integrierten Schaltkreises durch Jack Kilby bei TI 1958 und Robert Noyce bei Fairchild 1959.

Ein Datenwandler, der die neue Technik verwendete, war beispielsweise der ADC-12U von Pastoriza Electronics, ein 12-Bit, 10 µs SAR-ADC. Neben einem Komparator und einem D/A-Wandler benötigte er noch 14 Bausteine aus der 74- und 74H-Familie für die Register-Logik. Deren Verwendung wurde durch die zunächst von AMD und National Semiconductor angebotenen speziellen SAR-Logic ICs überflüssig und später wurde die Logik direkt integriert.

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Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Mitte der 1960er-Jahre bereits alle auch heute noch verwendeten grundlegenden Architekturen wie SAR, Sigma-Delta oder Flash entwickelt und beschrieben waren, ebenso wie die zugehörigen Basiskomponenten.

Bild 2: In seinem 1939 eingereichten Patent beschreibt Alec Harvey Reeves ein vollständiges Übertragungssystem.
Bild 2: In seinem 1939 eingereichten Patent beschreibt Alec Harvey Reeves ein vollständiges Übertragungssystem.
(Bild: U.S. Patent Nr. 2,272,070)

Neue Anwendungsfelder wie Industriesteuerungen, medizinische Bildgebung und hochauflösende Messtechnik brachten in den 1970er-Jahren nicht nur zusätzliche Wandlerbausteine, sondern auch neue Hersteller hervor, die zum Teil nur Einzelkomponenten lieferten. Diese Wandler machten von jeder damals verfügbaren Technologie Gebrauch und so kamen Umsetzer, die modular oder hybrid aufgebaut waren, ebenso auf den Markt wie monolithische Wandler. Letztere benötigten anfangs noch eine große Zahl externer Komponenten, die alle Einfluss auf die Genauigkeit hatten und daher den Entwurf von Schaltungen sehr aufwändig werden ließen. Auf der Chipseite hatte man das Problem bereits durch die Einführung von Dünnschichtwiderständen, die auf dem Wafer per Laser getrimmt wurden, gelöst.

Verschiedene Technologien wurden ausprobiert

Hybrid-Wandler, die ein keramisches Subs­trat benutzten, auf welches die einzelnen Dies gebondet wurden, hatten zwar wesentlich bessere Eigenschaften, waren aber auch bedeutend teurer als ICs. Um billiger zu werden, experimentierten einige Firmen, wie beispielsweise Philbrick Research, mit einer Dickfilm-Hybridtechnologie, die zunächst zwar erheblich Aufwand sparte, aber auf lange Sicht durch die rasch fortschreitende Entwicklung der ICs überholt wurde.

Interessanterweise verfügte keiner der in den 1970er-Jahren entwickelten A/D-Wandler über Sample-and-Hold-Stufen.

Diese mussten entsprechend der Wandlerspezifikation extern hinzugefügt werden. Erst später wurden sie mit integriert.

Modulare Wandler, die aus mehreren einzelnen Bauelementen auf einer gemeinsamen Platine aufgebaut waren, verfügten zwar über eine sehr gute Leistungsfähigkeit, waren allerdings auch bedeutend teuer. Die Preise variierten, je nach technischen Daten, zwischen mehreren hundert und einigen tausend Dollar.

In den 1980er-Jahren nahm das Interesse an digitaler Signalverarbeitung durch die Verfügbarkeit von vergleichsweise billigen Mikro­controllern, digitalen Signalprozessoren und Personal Computern zu. Die Treiber dahinter waren neben den bereits erwähnten Applikationen nunmehr auch Audio- und Video-Anwendungen und Computergrafik.

Von der in erster Linie durch die Digitallogik vorangetriebenen Weiterentwicklung der CMOS-Prozesse profitierte auch die Wandlertechnik. Immer kleinere Strukturen erlaubten immer höhere Abtastraten und immer größere Wortbreiten. Die Einführung des bipolaren CMOS-Prozesses (BiCMOS) erleichterte die Integration von Sample-and-Hold-Stufen, Referenzen und Treibern.

Ende der 1980er-Jahre kamen erstmals monolithisch aufgebaute Sigma-Delta-Wandler auf. Obwohl die Grundlagen dafür seit den 1950er-Jahren bekannt waren, war der 1988 eingeführte CSZ5316 von Crystal Semiconductor der erste kommerzielle Wandler mit dieser Technologie.

Mit der stetigen Verbreitung von Modems und Mobiltelefonen stiegen die Anforderungen in den 1990er-Jahren weiter. Der Schwerpunkt lag nun auf niedrigem Stromverbrauch und der Versorgung mit einer einzigen Spannung. Zugleich waren immer kleinere und einfacher zu verarbeitende Gehäuse gefragt, womit der Wechsel von DIP-Gehäusen hin zu Surface-Mount-Packages eingeläutet wurde. Bei den Architekturen kamen vermehrt Pipelinewandler auf, die bei den A/D-Wandlern die Flashwandler der 1980er-Jahre ersetzten. Bei den D/A-Wandlern für den Audiobereich gab es den Übergang von Parallel-DACs auf Sigma-Delta-Wandler.

Die Integration ging immer weiter

Viele der Applikationen erforderten jetzt sowohl einen A/D- als auch einen D/A-Wandler, so dass die Hersteller beides in ein Bauelement integrierten und als sogenannte CODECs (Coder-Decoder) auf den Markt brachten. Zusätzlich integrierte man spezielle Analog- oder Mixed-Signal-Frontends, um Spezialfälle preiswert zu ermöglichen.

Ende der 1990er-Jahre und Anfang der Nuller-Jahre kam dann noch eine ganz neue Gattung an Wandlern auf den Markt: Die Mixed-Signal Bauelemente, die nicht nur A/D- und D/A-Wandler zusammenfassten, sondern auch gleich einen Mikrocontroller, meistens basierend auf der damals sehr populären 8051-Familie von Intel, und einen Flash-Speicher integrierten, wie beispielsweise die Baureihe MSC1200 von Burr-Brown oder der ADuC812 von ADI. Damit waren vollständige und preiswerte Single-Chip Signalverarbeitungssysteme verfügbar. Zeitgleich wurden die Wandlermodule und Hybridwandler durch die modernere und günstigere Mult-Chip-Module-Technik abgelöst.

Generell setzte sich der Trend zu kleineren Strukturen und Gehäusen und zu niedrigeren Versorgungsspannungen fort. Gleichzeitig wurden immer größere Wortbreiten bei höheren Abtastraten und geringerem Stromverbrauch erreicht. Neue Applikationen, wie vernetzte Multimedia-Anwendungen, machten dies erforderlich.

Diese Entwicklung wird sich auch in der Zukunft fortsetzen. Höhere Integration und Systemleistungen und kleinere Strukturen werden die Applikationen der nächsten Jahrzehnte ermöglichen. Die Geschichte der Wandler wird fortgeschrieben.

* Dipl.-Ing. (FH) Richard Oed arbeitet nach 24 Jahren in der Halbleiterei jetzt als freier Fachjournalist.

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